Im Gesundheitsausschuss drängen Sachverständige auf Reform

Wasem: GOÄ-Verschleppung ist „Staatsversagen“

Berlin (opg) – Am 9. Januar sprach Prof. Karl Lauterbach Worte, die aufhorchen ließen. „Ein Beschäftigungskorridor wird betreten.“ So kündigte der Gesundheitsminister an, dass sein Ressort die seit 1982 geltende Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) angehen wolle. Passiert ist seitdem allerdings nichts. Im Bundestag drängt die CDU/CSU-Fraktion nun per Antrag auf eine Novellierung von GOÄ und der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ). Dazu nehmen Sachverständige am 24. April in einer öffentlichen Anhörung im Gesundheitsausschuss Stellung.

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Gesundheitsökonom Prof. Jürgen Wasem geißelt die Verschleppung der GOÄ-Retorm © pag, Fiolka

Gesundheitsökonom Prof. Jürgen Wasem geißelt die Verschleppung der GOÄ- Reform. „Das ist Staatsversagen.“ Zum einen wird in der noch gültigen Gebührenordnung der medizinische Fortschritt nicht berücksichtigt, sodass sich Behandler mit Analog-Ziffern helfen müssen. Auch seien die Preise nicht zeitgemäß, die sprechende Medizin werde im Vergleich zur Apparatemedizin nicht angemessen berücksichtigt. Generell schlägt der Sachverständige eine verlässliche und kontinuierliche Anpassung der GOÄ vor.

Wasem sitzt im Europasaal des Paul-Löbe-Hauses neben Prof. Ferdinand Gerlach, Wissenschaftler, Mediziner und ehemaliger Vorsitzender des Sachverständigenrats Gesundheit und Pflege. Ein bisschen spielen sie sich gegenseitig die Bälle zu, vertreten aber durchaus unterschiedliche Positionen. Aber auch Gerlach ist der Ansicht: „Die GOÄ im jetzigen Zustand ist komplett veraltet. Sie muss reformiert werden.“ Er kann sich zwar keine Vereinheitlichung, wohl aber eine „partielle Harmonisierung“ zwischen GOÄ und EBM vorstellen. Als Mitglied der Wissenschaftlichen Kommission für ein modernes Vergütungssystem hat er dem Bundesgesundheitsministerium dazu 2019 ein Gutachten vorgelegt. Das nahm der Hausherr Jens Spahn (CDU) zur Kenntnis und ließ es dann in der Schublade verschwinden.

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Prof Ferdinand Gerlach meint: „Die GOÄ im jetzigen Zustand ist komplett veraltet.“ © pag, Weger

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BÄK und PKV sind sich einig

Gerlach findet auch den derzeitigen modus operandi der GOÄ-Novelle ungewöhnlich: Bundesärztekammer (BÄK) und der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) bereiten informell eine Rechtsverordnung des Bundesgesundheitsministeriums vor. Die Version von BÄK und PKV-Verband sei mittlerweile konsentiert, berichten Bundesärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt und PKV-Verbands-Direktor Dr. Florian Reuther in der Anhörung. Die letzten eineinhalb Jahre habe man sehr kleinteilig über die Preise verhandelt, sei sich jetzt aber einig. Was noch ausstehe, sei die Rückkopplung der Vorschläge mit den jeweilige Verbandsgremien. Reuther und Reinhardt wünschen sich, dass die GOÄ künftig „à jour“ gehalten werde. Der BÄK-PKV-Entwurf sieht „eine Gemeinsame Kommission zur Weiterentwicklung der GOÄ (GeKo) vor, durch die eine regelmäßige Anpassung durch den Verordnungsgeber an den Fortschritt der Medizin und die Kostenentwicklungen gewährleistet werden soll“, schreibt Reuthers Verband in seiner schriftlichen Stellungnahme.

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Dr. Romy Ermler, Vizepräsidentin der Bundeszahnärztekammer, hält nicht nur eine Novellierung der GOÄ, sondern auch der GOZ für dringend notwendig. © pag, Weger

Der Antrag der Union schlägt nicht nur eine Novellierung der GOÄ, sondern auch der GOZ vor. Die hält Dr. Romy Ermler, Vizepräsidentin der Bundeszahnärztekammer, für dringend notwendig. Denn der derzeitige status quo sei durchaus ein Niederlassungshemmnis. „Wir haben seit 35 Jahren einen eingefrorenen Punktwert. Er war damals mit elf Pfennig novelliert, heute sind es 5,6 Cent“, unterstreicht sie. Dagegen seien die Energie- und Hygienekosten sowie die Gehälter des Praxispersonals gestiegen.