Gesundheitsökonom Jonas Schreyögg zeigt Schwachstellen auf
Hybrid-DRGs: Vorbereitungen laufen auf Hochtouren
Berlin (opg) – Der Ambulantisierungseffekt wird klein sein, aber immerhin wird es einen geben. Prof. Jonas Schreyögg gibt sich in Sachen Hybrid-DRGs relativ zuversichtlich und hält es mit Hermann Hesse: „Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“. In einem Webgespräch des Bundesverbands Managed Care (BMC) am 23. Januar nennt der Gesundheitsökonom allerdings die Schwachstellen der neuen Regelung und verrät, welche Auswirkungen die geplante Vorhaltevergütung auf die Hybrid-DRGs haben kann.
.
Nach jetziger Ausgestaltung fehle Krankenhäusern der finanzielle Anreiz nach Hybrid-DRGs abzurechnen. Denn der Gesetzgeber habe sich für den Verweildauer-Split entschieden, erläutert Schreyögg. Jede DRG mit einem Tag Aufenthalt wurde in eine Hybrid-DRG umgewandelt. Der finanzielle Unterschied zu einer Zwei-Tages-DRG sei aber „substanziell“, zeigt der Hamburger Wissenschaftler auf. Nach seiner Mittelwertberechnung bringt eine 2-Tages-DRG 2.818 Euro und somit 45 Prozent mehr als eine Hybrid-DRG (1.559 Euro). Rechneten Krankenhäuser nach letzterer ab, bestehe Rechtssicherheit, während man bei ersterer Auseinandersetzungen mit dem Medizinischen Dienst in Kauf nehmen müsse, so Schreyögg. Aber: „Der Vergütungsunterschied ist so substanziell, dass man als Krankenhaus durchaus dieses Risiko eingehen wird“, prognostiziert der Experte. Er bezeichnet das als „Verweildauer-Upcodierung“ und hätte sich gewünscht, dass man sich am Patient Clinical Complexity Level (PCCL), dem patientenbezogenen Gesamtschweregrad, orientiert hätte.
.
Vorhaltevergütung würde wirken
Wird mit der geplanten Krankenhausreform allerdings die Vorhaltevergütung eingeführt, schmilzt der finanzielle Vorteil auf nur noch 15 Prozent, hat Schreyögg ermittelt. Denn dann gebe es für die Zwei-Tages-Rest-DRG nur noch 1.838 Euro. So „würde sich eine neue Anreizkonstellation ergeben“.
Unterdessen laufen die Beratungen zur Ausgestaltung der neuen Hybrid-DRGs zwischen Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV), Deutscher Krankenhausgesellschaft und GKV-Spitzenverband auf Hochtouren, berichtet die KBV. Noch sei allerdings offen, ab wann Vertrags- und Krankenhausärzte ambulante Eingriffe nach der neuen Hybrid-DRG-Verordnung abrechnen könnten, sagt KBV-Chef Dr. Andreas Gassen.
Chirurgen und Anästhesisten gehen voran
Nichtsdestotrotz veröffentlichen der Berufsverband Deutscher Anästhesistinnen und Anästhesisten (BDA) und der Berufsverband der Deutschen Chirurgie (BDC) eine Empfehlung zur Aufteilung der Hybrid-DRG zwischen den beiden Fachgebieten. Demnach solle gemeinsam entschieden werden, ob nach Hybrid-DRG oder nach EBM abgerechnet wird, sofern diese Wahlmöglichkeit Bestand haben sollte. Unter der Voraussetzung, dass jeder seine Kosten selbst trägt, empfehlen die Verbände folgende Aufteilung: Bei Betrieb des Aufwachraums durch die Chirurgie: 64 Prozent Chirurgie, 36 Prozent Anästhesie. Bei Betrieb des Aufwachraums durch die Anästhesie: 60 Prozent Chirurgie, 40 Prozent Anästhesie. „Die Vereinbarung zur grundsätzlichen Aufteilung der Hybrid-DRGs zwischen dem BDA und dem BDC bietet unseren Kolleginnen und Kollegen eine wertvolle Orientierung in diesem völlig neuen Vergütungsbereich“, sagt BDA-Präsidentin Prof. Grietje Beck.
Und obwohl noch vieles in diesem neuen Vergütungsbereich im Unklaren ist, kann Schreyögg bereits einen Trend erkennen: „Ich höre von immer mehr Krankenhäusern oder Verbünden, dass sie ambulante OP-Zentren eröffnen.“