BMG gibt GKV-SV Einfluss durch Mittelkontrolle

„Wir können der UPD nicht viel abgewinnen“

Berlin (opg) – Die Zeiten von Modellprojekten und Ausschreibungen für eine Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) sind vorbei. Die Bundesregierung hat ihre Absicht, dieses Angebot zu verstetigen, ins Gesetz geschrieben (§ 65 SGB V). Eine Stiftung bürgerlichen Rechts soll her. Doch die Finanzmittel kommen nicht vom Bund, sondern dazu wird der GKV-Spitzenverband (GKV-SV), also die Krankenkassen, verpflichtet. Eine Fehlentscheidung mit Folgen. 

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Protest der UPD-Belegschaft vorm Bundesministerium für Gesundheit am 5. Juli. © pag, Fiolka

Am 5. Juli zieht die Belegschaft der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) vor das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) in der Mauerstraße. Der Grund: Der GKV-SV weigert sich, das Gesetz zur Errichtung und Finanzierung umzusetzen. Die Mitarbeitenden wissen nicht, wie es ab Januar 2024 mit ihnen weitergehen soll. Von einem „Schlag ins Gesicht“ spricht Eric Sulze, Teamleiter und Berater für Sozialversicherungsrecht bei der UPD. Die Finanzierung der Einrichtung mit ihren derzeit noch 110 Mitarbeitenden (ehemals 130) läuft zum Jahresende aus. Was diese nicht wissen: Während sie auf der Straße protestieren, wird unter Federführung der Rechtsaufsicht BMG die „Unabhängigkeit“ geopfert, denn sonst bewegen sich die Verhandler vom GKV-SV keinen Millimeter. Und die Zeit drängt. Sie wollen ihre Finger auf dem Haushalt der UPD haben und bestimmen, was wirtschaftlich ist und was nicht. Die beiden Staatssekretäre Dr. Thomas Steffen (beamtet) und Sabine Dittmar (parlamentarisch) protokollieren den Deal detailliert und unterzeichnen ihn beide, was auch der GKV-SV „ungewöhnlich“ findet. Doppelt hält besser, scheint hier das Motto zu sein.

Einfluss nehmen bei Unabhängiger Patientenberatung

In einer außerplanmäßigen Online-Verwaltungsratssitzung am 20. Juli unterrichtet der Vorstand des GKV-SV-Verwaltungsrates seine 49 zuhörenden Mitglieder über diese Wendung. Nicht erfreut ist die alternierende Verwaltungsratsvorsitzende Dr. Susanne Wagenmann darüber, dass die Tagesordnung vorab schon der Presse zugespielt wurde. Der Vorstand informiert: Wer zahlt, müsse Mitspracherechte haben. Bei Bedenken gegen die Wirtschaftlichkeit müsse dies begründet werden. „Damit ist es nicht mehr möglich, sich gegen den GKV-SV durchzusetzen“, heißt es. Auch bei einer gemeinsamen Evaluation habe man Möglichkeiten, auf Änderungen hinzuwirken. Die geäußerten Zweifel der Mitglieder am Worthalten des BMG zerstreut Wagenmann: „Wie ernst das BMG es meint und dass es unsere Punkte anerkennt, zeigt nicht nur das schriftliche Protokoll, sondern dass beide Staatssekretäre das Schreiben an uns unterzeichnet haben. Das ist außergewöhnlich“. Und sie bekennt freimütig: „Herr Klemens (alternierender Vorstand) und ich können der UPD nach wie vor wenig abgewinnen. Die Finanzierung über Steuern wäre richtig gewesen“.

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Dr. Susanne Wagenmann, alternierende Verwaltungsratsvorsitzende, bekennt freimütig: „Herr Klemens (Foto Mitte) und ich können der UPD nach wie vor wenig abgewinnen. Die Finanzierung über Steuern wäre richtig gewesen“. © pag, Fiolka

Satzung, Unterschrift und das war‘s

Der Hausjurist beschreibt die nächste Schritte: Jetzt wird die Satzung formuliert, das BMG muss dem Entwurf zustimmen. Und der Patientenbeauftragte? „Der ist lediglich ins Benehmen zu setzen. Wir können auch gegen seine Einwände die Satzung beschließen, wenn das BMG zustimmt“, macht der Jurist deutlich.

Auf die Frage von Roland Brendel, warum die (gemeint ist das BMG, Anm. d. Red.) nicht vor der Gesetzgebung die Einwände des GKV-SV gehört hätten und „im Nachhinein diese Zugeständnisse machen“, hat niemand eine Antwort. Monika Lersmacher empfiehlt: „Das Stiftungsvermögen so gering wie möglich halten. Wir wollen die UPD nicht."

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