Krankenhauspflegeentlastungsgesetz soll noch wachsen

PPR 2.0 ist nicht genug

Berlin (opg) – Die Bundesregierung will ein neues Pflegepersonalbemessungsinstrument für Kliniken einführen. Das bekräftigen die Ampelkoalitionäre in der ersten Beratung des Krankenhauspflegeentlastungsgesetzes am 19. Oktober im Bundestag. Die Regierung nennt es zwar auch PPR 2.0. Mit dem gleichnamigen Konzept, das Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), Ver.di und Deutscher Pflegerat (DPR) entwickelten, habe das aber wenig zu tun, monieren die Initiatoren und die Opposition im Bundestag.

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Die PPR-2.0-Einführung soll in drei Stufen erfolgen: Ab 1. Januar 2023 ist eine Erprobungsphase geplant. © iStock.com, Gpoint Studio

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Vorgesehen ist die PPR-2.0-Einführung in drei Stufen: Ab 1. Januar 2023 ist eine Erprobungsphase geplant, um das neue Instrument in der Praxis zu testen. Geschehen wird das auf Normalstationen und in der Pädiatrie. Auf dieser Basis sollen den Krankenhäusern in einer Rechtsverordnung Vorgaben für die Personalbemessung gemacht werden. Ab 2025 sollen diese dann verbindlich sein. Bei Nichteinhaltung drohen den Häusern Sanktionen. Diese „können dann auch so weit gehen, dass bestimmte Leistungen nicht mehr erbracht werden können“, kündigt Gesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach (SPD) im Bundestag an. Nicole Westig (FDP) bezeichnet das Instrument als „lernendes System“. Es „löst nicht mit einem Federstrich die Personalprobleme in unseren Kliniken.“ Westig erwartet allerdings, dass das Instrument „den Weg hinaus aus den Pflegepersonaluntergrenzen“ weist.

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Etikettenschwindel?

Bereits im Vorfeld kritisiert Ver.di, dass die Ursprungsidee „verwässert“ wurde. Auch der Deutsche Pflegerat ist skeptisch. Es „fehlt der eindeutige Bezug zur PPR 2.0“, bemängeln die Organisationen. Diese Aussage reibt Ates Gürpinar (Die Linke) Minister Lauterbach genüsslich unter die Nase. Das „Vetorecht“ für das Bundesfinanzministerium – im Gesetzentwurf ist von „Einvernehmen“ die Rede – bezeichnet er zudem als „schlechten Witz“. Gürpinars Breitseite gegen Lauterbach entzückt sogar Tino Sorge (CDU). „Da muss man ja mal klatschen, da hat er ja mal recht gehabt!“, lobt der gesundheitspolitische Sprecher der Union den Krankenhausexperten der Linken. Sorges Fraktion selbst spart ebenfalls nicht mit Kritik. Dietrich Monstadt (CDU) hält den Gesetzentwurf für inhaltlich und handwerklich schwach. Er befürchtet, dass die vorgesehenen Regelungen zu Dokumentations- und Nachweisverpflichtungen zu einem „noch höheren Bürokratieaufwand“ führten.

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Nicole Westig (FDP) © DTB, Achim Melde, und Ates Gürpinar (Die Linke) © pag, Fiolka

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Schnellere Budgetverhandlungen

Der aktuelle Gesetzentwurf sieht außerdem vor, dass die Budgetverhandlungen zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen beschleunigt werden. Dem BMG schweben Fristen vor. Leisten Krankenhäuser die Unterlagenübermittlung nicht, drohen ihnen Rechnungsabschläge. „Auf der Ortsebene ist seit vielen Jahren ein Verhandlungsstau bei den jährlichen Budgetverhandlungen festzustellen. So sind für das Jahr 2020 erst rund 60 Prozent der Budgets vereinbart. Dabei sollen die Budgets prospektiv, also frühzeitig für das folgende Jahr, abgeschlossen werden“, erörtert das BMG im Entwurf. „Durch die teils langjährigen Verzögerungen bei den Budgetverhandlungen entstehen für die Krankenhäuser Liquiditätsengpässe und für die Kostenträger ungleichmäßige Zahlungsströme.“ Ferner soll die Strukturprüfung bei Krankenhäusern durch die Medizinischen Dienste weiterentwickelt werden.

Begleitforschung soll zukünftige Digitalisierungsbedarfe zeigen

Im Entwurf wird auch das im Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) vereinbarte Förderprogramm adressiert. Aufgrund der erheblich höheren als ursprünglich geschätzten Antragszahl soll das Bundesamt für Soziale Sicherung die Möglichkeit bekommen, etwaige zusätzliche Verwaltungsaufwände durch nicht verwendete Mittel des Krankenhauszukunftsfonds zu decken. Bei der Evaluation und Begleitforschung erfolgt nach Plänen des BMG außerdem eine Verschiebung und Ausweitung der Datenerhebungen, um auch über 2023 hinaus die Effekte der Förderung durch den Krankenhauszukunftsfonds sichtbar zu machen. „Es wird zudem geregelt, dass die Teilnahme an der Evaluation für geförderte Krankenhäuser stärker als bisher in der Nachweisprüfung berücksichtigt wird“, heißt es im Entwurf. Darüber hinaus soll es ermöglicht werden, durch eine Begleitforschung zukünftige Bedarfe zur digitalen Transformation im Krankenhausbereich zu identifizieren und geeignete Weiterentwicklungsstrategien zu entwickeln.

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