Politik ist mehr als ein wissenschaftliches Glasperlenspiel

„Wir brauchen mehr Lauterbach“

Berlin (opg) – Noch verharren alle in der Deckung. Jeder, der es wissen muss, weiß es und sorgt sich: Medienliebling Prof. Karl Lauterbach versagt als Bundesgesundheitsminister. Die SPD wusste es von Anfang an. Aber wer will den Job denn machen, wenn der Lauterbach aus Talk-Shows her-aus einem Amtsinhaber Dauerfeuer bereitet? Im Bundesministerium für Gesundheit (BMG) geht unterdessen nichts richtig voran. An der Stamm-Belegschaft liegt es nicht. Die hat gezeigt, wie man reife Gesetzesvorlagen produziert. Klarer Fall von: Der Fisch stinkt zuerst am Kopf. Folgendes Bild eines politischen Beobachters setzt sich zusammen:

.

vergrößern

Die Gefahr lauert jetzt überall. Ein Quantum Angst titelt der SPIEGEL zur Impfpflichtdebatte und zeigt Lauterbach als Agent 007. © Der Spiegel

Am 6. Dezember 2021 twittert Kevin Kühnert – vom Juso-Chef gerade in den SPD-Parteivorstand aufgestiegen: „Nikolaus ist, wenn Wünsche erfüllt werden. Ihr wolltet ihn, ihr kriegt ihn.“ Der Hashtag #WirWollenKarl hat für reichlich Support gesorgt, dafür bedankt sich „Karl“ dann auch höflich. Die Pandemiekrise bringt dem Kölner schlagartig einen großen Bekanntheitsgrad. Der Gesundheitsexperte mit Humor und eingängigem Erzähl-Sing-Sang gilt als Quotenbringer (gemeint ist natürlich die Einschaltquote). Seine Aussagen sind verständlich und scheinbar wissenschaftlicher Natur. Die Kernkompetenz des politischen Medizinmanns, das Erzählen, beschert ihm Erfolg. Warnung vor krebserzeugenden Grillwürsten hat er nicht mehr nötig, um im Sommer in die Medien zu kommen. Denn die Gefahr lauert jetzt überall. Da gibt es viel zu tun.

.

.

.

vergrößern

Kurz nach Kriegsbeginn in der Ukrainer sagt der Minister in der Bundespressekonferenz: „Ich habe alle Studien gelesen, was Krieg für Kinder bedeutet.“ © imago images, Jürgen Heinrich

Auf Krise folgt Krise, folgt Krise. Kriegsbeginn in der Ukraine. Kurz darauf der Minister in der Bundespressekonferenz (zum Thema Infektionszahlen): „Ich habe alle Studien gelesen, was Krieg für Kinder bedeutet.“ Hitzetod, Kältetod und Klimawandel sind weitere Themen, die nach Gesundheitsexpertise verlangen. Lauterbach muss sich den Redaktionen längst nicht mehr aufdrängen für einen Auftritt im Fernsehen. Dieser Berg ist geschafft, doch jetzt liegen die Brecht‘schen Mühen der Ebenen vor ihm. Packt er das oder fährt Lauterbach das BMG vor die Wand?

.

Misslungene Handhabung der Impfpflicht mit Langzeitfolgen

Die Akteure im Gesundheitswesen sowie Abgeordnete von SPD und Grünen sind alarmiert. Die (finanzielle) Lage im Gesundheitssystem spitzt sich erkennbar zu und die vereinbarten Reformvorhaben dümpeln vor sich hin.

.

vergrößern

Der Minister ist seltener Gast im Gesundheitsausschuss des Bundestages, zieht medial wirksame Außentermine vor. 
© Dt. Bundestag, Achim Melde und imago images, teutopress

.

Der Minister ist seltener Gast im Gesundheitsausschuss des Bundestages, zieht medial wirksame Außentermine vor. Seine Ankündigungen und Rückzieher verursachen bei Bundesländern, RKI und Mitarbeitern Wirrwarr. Sympathisch kommt er bei seinem Publikum rüber als er bei Lanz in der Talk-Show zugibt: „Ich habe einen Fehler gemacht.“ Und schwupp macht er beim Thema Isolationspflicht im TV eine Kehrtwende. Ein Politiker, der einen Fehler zugibt, wird gefeiert. Leichtfertig oder politisches Leichtgewicht? Nicht zum ersten Mal stößt er politische Partner vor den Kopf.

.

vergrößern

Das kommunikative Desaster rund um die Impfpflicht hat Lauterbach nicht allein zu verantworten. Da hat der Kanzler kräftig mitgeholfen, indem er eine Gesetzesinitiative der Regierung verweigert hat. © imago images, photothek

Einen nachhaltigen Schaden dürfte das kommunikative Desaster rund um die Impfpflicht angerichtet haben. Die hat Lauterbach allerdings nicht allein vor die Wand gefahren. Da hat der Kanzler kräftig mitgeholfen, indem er eine Gesetzesinitiative der Regierung verweigert hat. Der Rest der Geschichte ist bekannt. Die einrichtungsbezogene Impfpflicht entpuppt sich ebenfalls als Rohrkrepierer. Sie ist nicht durchsetzbar. Ungeimpfte arbeiten weiterhin in Pflegeheimen. Berufsverbote gibt es angesichts des Arbeitskräftemangels keine. Den Gesundheitsberufen hat der Minister damit einen Bärendienst erwiesen. Seiner eigenen Maßgabe, evidenzbasierte Gesundheitspolitik betreiben zu wollen, kommt der Minister nicht nach, sonst würde die Schaden-Nutzen-Abwägung einen Rückzieher dieser Impfpflicht zur Folge haben müssen. Ganz nach dem Motto: „Ich habe einen Fehler gemacht.“

.