Einheitliche Gebührenordnung für alle?

Gutachten: Zwei-Klassen-Medizin droht dann erst recht

Berlin (opg) - Der Unterschied zwischen der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) und dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) lässt sich nicht nivellieren, ohne Systemunterschiede zwischen gesetzlicher Krankenversicherung (GKV) und privater Krankenversicherung (PKV) zu beseitigen. Das stellen fünf Experten in einem aktuellen Gutachten im Auftrag der Bundesärztekammer und des PKV-Verbands fest.
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Eine „einheitliche Gebührenordnung (EGO)“, wie die aktuelle SPD-Forderung zur Angleichung der Ärztehonorare im Gutachten übersetzt wird, mit dem EBM (Einheitlichen Bewertungsmaßstab) als Grundlage werfe zahlreiche Fragen auf – unter anderem nach Kompensationszahlung für die Leistungserbringer. „Ohne Kompensation würde die Finanzierungsbasis für medizinisches Personal und Investitionen fehlen.“ Die Alternative zu Honorarkürzungen, so das zweite Szenario der Gutachter, sei eine Mehrbelastung der Beitragszahler. Die gesetzlich Krankenversicherten müssten dann die ambulanten Mehrumsätze der PKV-Versicherten tragen, heißt es. „Der Beitragssatz der GKV würde sich um etwa 0,46 Prozentpunkte auf rund 16 Prozent erhöhen.“

Premiumpatient statt Zwei-Klassen-Medizin

Die Konsequenz wäre, dass sich ein neuer Markt für „Premiumpatienten“ entwickeln würde. Niemand – auch nicht der Gesetzgeber – könne der PKV oder Ärzten untersagen, Zusatzangebote auf den Markt zu bringen, die beispielsweise einen Honorarzuschlag auf die einheitliche Vergütung nach sich ziehen würden oder darauf abzielten, Wartezeiten für Arzttermine zu verkürzen. Kurz: Die vermeintliche Zwei-Klassen-Medizin würde mit einer einheitlichen Gebührenordnung nicht aus der Welt geschafft, resümieren die Gutachter. Zu ihnen zählen die Juristen Dr. Rainer Hess, Prof. Gregor Thüsing (Uni Bonn), Prof. Volker Ulrich (Uni Bayreuth), Prof. Ferdinand Wollenschläger (Uni Augsburg) und der Gesundheitsökonom Prof. Eberhard Wille (Uni Mannheim).

Mengensteuerung und Budgetierung auch bei EGO nötig

Die Forderung nach einer EGO ohne Mengensteuerung und Budgetierung nach dem Vorbild der Einzelvergütung in der GOÄ birgt demnach für den Gesetz- und Verordnungsgeber das Risiko von Kosten- und Beitragssatzsteigerungen. Auch mit Blick auf die 40-Prozent-Grenze, die die Sozialversicherungsbeiträge in der Summe nicht übersteigen sollten, schaffe eine derartige „Vereinheitlichungsrichtung eher Probleme als Probleme zu lösen“. Zudem sei die Vereinheitlichung der kassen- und privatärztlichen Vergütungen aus rechtlicher Sicht ein „verfassungswidriges und gegebenenfalls auch ein europarechtswidriges Unterfangen“.